"Nachhaltige, langfristige Konsequenzen gibt es nur durch Reformen", sagt Neos-Fraktionsführerin Stephanie Krisper.

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Einen Tag nachdem alle Fraktionen im ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss ihre Schlussberichte abgeben mussten, haben die Neos am Donnerstag ihren auch der Öffentlichkeit präsentiert. Bei einer Pressekonferenz legten Fraktionsführerin Stephanie Krisper und Vizeklubchef Nikolaus Scherak den 106-seitigen Bericht der pinken Fraktion vor. Mit diesem wolle man aufzeigen, "wie man die Sümpfe der Korruption, in denen die ÖVP gewandert ist, trocken legen kann", sagte Krisper.

Die Arbeit im U-Ausschuss habe zwar zu kurzfristigen Konsequenzen wie Rücktritten geführt, aber "nachhaltige, langfristige Konsequenzen gibt es nur durch Reformen", sagte Krisper – etwa ein schärferes Korruptionsstrafrecht, ein Informationsfreiheitsgesetz und einen unabhängigen Bundesstaatsanwalt. Außerdem fordern die Neos sogenannte Concours, also Auswahlverfahren nach europäischem Vorbild für die Vergabe von öffentlichen Posten. Eine Kommission, externe Kontrolle durch Berater und öffentliche Hearings sollen zu mehr Transparenz in der Postenvergabe führen.

Die pinke Fraktionschefin sieht in erster Linie die Grünen in der Verantwortung, für deren Umsetzung zu sorgen. Von der ÖVP seien ohnehin keine Schritte "in Richtung saubere Politik" zu erwarten, denn "die ÖVP spürt sich gar nicht mehr". Doch auch mit den Grünen und ihrem Anfang Februar vorgelegten Fraktionsbericht ging Krisper hart ins Gericht: "Auf den Seiten dieses Hochglanzmagazins mangelt es an Verbesserungsvorschlägen. Das bisher vermeintlich Umgesetzte stellt einen Fall von Jubel weit vor der Ziellinie dar." Anstatt tätig zu werden, würden sich die Grünen "in Geiselhaft der ÖVP" begeben und hätten von der ÖVP gelernt, "wie man ganz alte Politik macht". Damit die türkis-grüne Regierung doch noch ins Tun komme, "werden wir lästig sein", kündigte Krisper an.

"Korruption ist Gift"

Der U-Ausschuss habe aufgezeigt, dass etwa Posten- und Inseratenkorruption "ein historisches Phänomen" und "gängige Praxis" seien, sagte Scherak zuvor. "Das System der Inseratenkorruption, Postenschacher und Freunderlwirtschaft kennen wir seit vielen Jahren." Ex-Kanzler Sebastian Kurz und sein Umfeld hätten "diese Systeme optimiert und perfektioniert". Die "Dreistigkeit", mit der hier vorgegangen worden sei, sei allerdings "eine ganz andere Dimension" gewesen. Das Resümee des pinken Vizeklubchefs: "Korruption ist Gift für unsere Demokratie."

Auch Scherak pochte einmal mehr auf die "dringend notwendigen Reformen", die nun umgesetzt werden müssten. Ein U-Ausschuss habe nämlich zwei Aufgaben: Erste Aufgabe sei die Aufklärung, zweite Aufgabe die Umsetzung von Reformen. Es liege nun "an allen Parteien in diesem Land, dafür zu sorgen, dass Österreich kein Selbstbedienungsladen ist", resümierte Scherak.

ÖVP plant keine Präsentation

Bereits in der Vorwoche stellte SPÖ-Fraktionsführer Kai Jan Krainer den 56-seitigen Bericht der roten Fraktion mit dem Titel "So korrupt ist die ÖVP" vor. "Ja, wir haben es hier mit systematischer Korruption zu tun und nicht mit irgendwelchen Einzelfällen", fasste Krainer das Ergebnis der Arbeit im Untersuchungsausschuss und des roten Berichts zusammen.

Schon einen Tag nach Ende der Beweisaufnahme am 1. Februar legte Fraktionsführerin Nina Tomaselli den grünen Bericht, der 91 Seiten umfasst, mit dem Titel "Akribisches Protokoll einer großen Täuschung" vor. "Wir haben sehr genau aufgezeigt, wie ein keiner Kreis um Ex-Kanzler Sebastian Kurz die Öffentlichkeit getäuscht hat", resümierte Tomaselli.

Die FPÖ will ihren Fraktionsbericht am Freitag präsentieren. Die ÖVP hingegen plant keine Präsentation ihres Berichts, heißt es auf Anfrage des STANDARD aus dem ÖVP-Klub.

Wie es jetzt weitergeht

Wie erwähnt, mussten alle Fraktionen ihre Bericht bis Mittwoch abgeben. Nun werden diese den Auskunftspersonen vorgelegt, die dann zwei Wochen Zeit haben, dazu noch ergänzende Kommentare abzugeben. Offiziell beendet wird der U-Ausschuss dann durch die Vorlage der Berichte an den Nationalrat. Die erste Plenarsitzung nach Fristende findet am 29. März statt.

Wie rasch ein neuer U-Ausschuss eingesetzt wird und zu welchem Thema, steht derzeit noch in den Sternen. Die FPÖ hat am Mittwoch wie angekündigt im Nationalrat einen Antrag auf Einsetzung eines Corona-U-Ausschusses eingebracht. Um einen U-Ausschuss einsetzen zu können, ist allerdings ein Viertel der 183 Nationalratsabgeordneten nötig. Die FPÖ zählt 30 Mandatare, das heißt, sie braucht entweder die Unterstützung einer der Regierungsparteien, was auszuschließen ist, der SPÖ oder der Neos mit der freien Abgeordneten Philippa Strache. Zumindest die SPÖ hat bereits abgewunken und ließ wissen, vorerst nicht für einen solchen U-Ausschuss zu haben zu sein. (Sandra Schieder, 2.3.2023)